Kapitalmarktorientierte Bewertung – immer die überlegene Sichtweise?

Aktuelle Standards zur Unternehmensbewertung erwecken den Eindruck, dass nur eine kapitalmarktorientierte Unternehmensbewertung zu einem sachgerechten Ergebnis führt. Die Abkürzungen, die Begriffe der kapitalmarktorientierten Unternehmensbewertung beschreiben (CAPM, WACC, Beta, …) klingen modern. Gerade für die Bewertung kleinerer Unternehmen ist die Anwendung aber problematisch und führt idR zu einer Überbewertung dieser Unternehmen.

Grundlage der kapitalmarktorientierten Unternehmensbewertung sind – wie bei allen anderen wissenschaftlich fundierten Methoden – modelltheoretische Überlegungen. Modelle an sich sind nicht gut oder schlecht. Sind Anwendungsvoraussetzungen von Modellen in der Praxis nicht hinreichend erfüllt, können aus solchen Modelle auch keine sinnvollen Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Insbesondere die Berücksichtigung eines Versicherungseffekts aus der perfekten Diversifikation führt bei den meisten Bewertungsanlässen bei nicht börsennotierten Unternehmen zu einer uU erheblichen Überbewertung des Unternehmens, weil die Rendite der Alternativanlage zum Unternehmen unter Berücksichtigung bei Verletzung der Voraussetzung der vollständigen Diversifikation eines Investors viel zu niedrig gewählt wird.

Sachverständige, die Unternehmensbewertungen durchführen, sind für die Brauchbarkeit des eingesetzten Bewertungsmodell verantwortlich. Daran ändern auch Standards zur Unternehmensbewertung nichts. Diese spiegeln – wenn nicht spezielle Interessen der Autoren einfließen –  bestenfalls eine durchschnittlich angewandte Vorgangsweise wider. Wenn Sie eine Unternehmensbewertung brauchen, sollten Sie sich mit diesem Durchschnitt nicht zufrieden geben. Diskutieren Sie mit Ihrem Bewerter also, ob eine bestimmte Methode für Ihren konkreten Anwendungsfall geeignet ist.